Stille Sprache
Untrennbar ist diese Tradition mit dem Namen Harald Seime verbunden. Seime war es, der 1957 begann, die Idee eines Bewegungstheaters an der Universität umzusetzen.

1958 gründete er mit Studenten das Pantomimestudio Jena, das sich national sehr schnell einen Namen zu machen wußte. Das auch deshalb, weil die Seime-Truppe schnell zu einem eigenen Stil fand, der sich stark an der bildenden Kunst und dem Musiktheater orientierte und einen hohen Abstraktionsgrad anstrebte, der die Phantasie des Publikums als künstlerisches Gestaltungselement mit ins Kalkül zog.

Mit den Mitteln der Körpersprache die Realität auf den Kopf zu stellen und den Zuschauer dahin zu bringen, diese Spannung nicht ertragen zu können, so daß er unter den Zwang gerät, die auf den Kopf gestellte Realität wieder geraderücken zu müssen, darin sah der spätere Hochschullehrer für Sport von Anfang an den besonderen Reiz der Pantomime, der er sich bis heute auch als Solist gewissermaßen mit dem ganzen Körper und allen Sinnen verschrieben hat. Damit befindet sich das Jenaer Pantomime-Studio ganz in der Tradition eines Karl Kraus, der den Künstlern zu Beginn unseres Jahrhunderts die Aufgabe gestellt hatte, aus den vorhandenen Lösungen wieder Rätsel zu machen und damit die Aufgabe des Publikums, diese wiedergewonnenen Rätsel zu entschlüsseln, implizierte. Die Pantomime wurzelt tief in der menschlichen Kultur. Bevor die Menschen lernten, ihre Gefühle und Ansichten in geschliffene Wörter zu verpacken, war der Körper das Sprachrohr, wurde in tänzerischer Bewegung kommuniziert, palavert, Geschichte erzählt, geplant und getrauert. Mit dem Bewegungstheater kommt die entwicklungsgeschichtlichtlich älteste und wohl auch vielschichtigste Form menschlicher Kommunikation, die Körpersprache, zu ihrem Recht. Eine stille Sprache, die gerade in der Gegenwart, in der die Sprachlosigkeit zwischen den Menschen wortgewaltig einherkommt, um so aussagekräftiger ist.

Die Pantomime-Tage, die 1978 zum erstenmal in der Saalestadt stattfanden, bildeten eine Plattform der künstlerischen Diskussion und eine Werkstatt des künstlerischen Experiments. Hier widerspiegeln sich in den Auffritten der verschiedensten nationalen und internationalen Gruppen und Akteure die aktuellen Trends der Szene, und gerade diese Ausrichtung begründete den Ruf der Jenaer Pantomimetage, dem sie bis heute gerecht werden. Nach 1990 wurde das Pantomime-Studio zum Angebot im Bereich des Hochschulsports der Jenaer Universität, gebunden immer auch an das Engagement Seimes. Die Truppe verlor allerdings die Stabilität, die sie über viele Jahre hatte. Die künstlerische Arbeit erfolgt seit 1990 sowohl inhaltlich als auch zeitlich projektbezogen.

Text + Foto: Michael Friedrichsohn
  

Theater in Bewegung
11. Internationale Woche des körperbetonten Theaterspiels in Jena
19. - 28. November 1999
 
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Harald Seime
Vierzehnheiligen Nr.1
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